Spannungsfeld Submissionsverfahren
Wenn es um die Ausschreibung von öffentlichen Investitionsvorhaben geht, möchten alle ein möglichst grosses Stück des Auftragsvolumens. Doch nicht immer scheint die Vergabepraxis für alle nachvollziehbar. Mit dem Ziel, einen vertieften Einblick in das Vergabewesen zu geben und gleichzeitig den Ermessensspielraum aufzuzeigen, luden ZUGWEST und die Gewerbevereine Cham, Hünenberg und Rotkreuz-Risch zum 2. Fachthema-Event «Submissionsverfahren» nach Rotkreuz.
«Die anspruchsvolle Thematik des Submissionsrechtes löst immer wieder Diskussionen und Kritik aus und führt zu Spannungen zwischen Gewerbetreibenden, Unternehmern und Verwaltung», weiss Peter Hausherr, Gemeindepräsident Risch. Grund genug also, diesem Thema einen ganzen Mittag zu widmen.
In seinem kurzweiligen, mit vielen Beispielen aus der Praxis gespickten Referat zeigte Paul Baumgartner, Jurist und ehem. stellvertretender Generalsekretär der Baudirektion Kanton Zug, den über 115 Interessierten im Dorfmattsaal Rotkreuz eindrücklich auf, wie genau das Vergabewesen funktioniert – von den Grundlagen bis zum Beschwerdeverfahren.
Die Vergabegrundsätze
Bei einer Ausschreibung ist erst einmal die öffentliche Hand gefordert. Ihr obliegt es, die Ausschreibung zu definieren. Je genauer und umfassender diese ist, desto qualifizierter werden die Angebote sein. Dabei hat sie sich an die in internationalen und interkantonalen Abkommen festgehaltenen Vergabegrundsätze zu halten:
- Gleichbehandlungsgebot / Diskriminierungsverbot
- Verzicht auf Abgebotsrunden (keine Preisabsprachen)
- Wirksamer Wettbewerb
- Beachtung der Ausstandsregeln
- Beachtung der Arbeitsschutzbestimmungen und Arbeitsbedingungen
- Vertraulichkeit von Informationen
- Transparenz
- Wirtschaftliche Verwendung der öffentlichen Mittel
- Gleichbehandlung von Frau und Mann
«Dabei gibt es natürlich Kriterien wie beispielsweise die Gleichbehandlung von Frau und Mann, die nicht einfach zu prüfen sind», zeigte Paul Baumgartner auf.
Und: Ist die Ausschreibung einmal erfolgt, kann sie nicht mehr geändert werden. Findet man Mängel oder zeichnet es sich ab, dass der Auftrag mit dem vorgegebenen Kreditrahmen nicht realisierbar ist, bleibt nur der Abbruch des Verfahrens.
Die Zuschlagkriterien
Sind die Angebote einmal eingereicht, wird ausgewählt. Grundsätzlich geht es dabei um die Ermittlung des wirtschaftlich günstigsten Angebotes, wobei das nicht immer das billigste sein muss.
«Die Kosten können zwischen 25 bis 80 Prozent, bei einfachen Projekten 100 Prozent ausmachen, je nachdem, wie komplex ein Vorhaben ist», legte der Jurist dar. Weitere Kriterien, die über den Zuschlag entscheiden, können sein:
- Liefertermin
- niedrige Betriebs- und Unterhaltskosten
- einfache, funktionelle, bedienungsfreundliche und personalarme Bedienung einer Anlage
- Wirtschaftlichkeit des Konzepts
- Qualität der Materialien, technische Qualität
- Kreativität des Projektes / Lösungsvorschlags
- Aufgabenanalyse (bei Ingenieurleistung)
- Projektbezogene Qualitätssicherung
- Ökologische Anforderungen an Material / Ausführung
Wichtig ist, dass die Gewichtung der Zuschlagskriterien bereits aus der Ausschreibung ersichtlich sei, damit jeder die Vergabe nachvollziehen kann.
Aber gerade hier liegt das Spannungsfeld: Oftmals verstehen heimische Unternehmen nicht, weshalb ein auswärtiger mit langen Anfahrtswegen den Zuschlag erhält. Der Fachmann erklärt: «Umweltschutzkriterien wie Transportweg und Lärmbelastung dürfen nicht einseitig zugunsten ortansässiger Anbieter gesetzt werden.» Ebenso besteht grundsätzlich kein «Heimatschutz» für das Produkt einer Firma: «Ein lokales Unternehmen kann seine Produkte genauso gut auch aus China importieren», führte er in der Fragerunde aus.
Es gibt nur wenige Kriterien, mit denen ein lokaler Anbieter bevorzugt werden könnte: «Ein solches wäre beispielsweise die Ortskenntnis, wenn diese für die Ausführung des Auftrages wichtig wäre», so Baumgartner.
Nicht alles muss ausgeschrieben werden
Nicht alle Investitionen von Gemeinden, Kanton und Bund müssen ausgeschrieben werden. So unterstehen nur Aufträge, bei denen öffentliche Gelder ausgegeben werden, oder jene von Betrieben der Wasser-, Energie-, Verkehrsversorgung und Telekommunikation dem Submissionsrecht, wenn
- der Gesamtpreis für Lieferungen und Dienstleistungen oder Bauarbeiten des Baunebengewerbes über 250‘000 Franken liegt
- der Gesamtpreis von Bauarbeiten im Bauhauptgewerbe über 500'000 Franken liegt.
In anderen Fällen können Aufträge je nach Investitionsvolumen im Einladungsverfahren (Einholung von Offerten) oder «freihändig» also direkt an ein Unternehmen vergeben werden. Des Weiteren können beim selektiven Verfahren in einer Vorrunde einzelne Unternehmen für ein Submissionsverfahren ausgewählt werden.
Trotz der sehr verständlichen und klaren Darlegung des Submissionsrechtes blieben nach dem Referat einige Fragen offen, die auch in der kurzen Fragestunde nicht beantwortet werden konnten. So ist sowohl ZUGWEST wie auch den Gewerbevereinen klar: Das Submissionsrecht ist eine Materie, die nicht in einer Stunde abgehandelt werden kann und auch künftig einen stetigen Dialog zwischen Behörden und Gewerbe erfordert.