Fachkräfte aus der Ukraine – Chance oder Risiko für Zuger Firmen?

Alle schutzbedürftigen Personen mit einem Ausweis S können ohne Wartefrist einer Arbeit im angestellten Verhältnis oder einer selbstständigen Tätigkeit nachgehen. Was müssen Sie als Unternehmen beim Einstellen von Personen mit Ausweis S beachten? Welche rechtlichen Vorgaben müssen Sie dabei berücksichtigen, und wie gelingt Ihnen als Unternehmen eine erfolgreiche Integration?

Antworten auf diese Fragen erhielten die Mitglieder der Zuger Wirtschaftskammer und des Vereins Wirtschaftsregion ZUGWEST am aufschlussreichen Online-Kurzimpuls vom 3. Mai 2022. Es referierten Lilith Ritzmann, Rechtsanwältin, sowie Matthias Mölleney, Unternehmensberater, Dozent und ehemaliger Personalchef Swissair.

Ukrainerinnen und Ukrainer anstellen – das gilt es zu beachten

Lilith Ritzmann, Rechtsanwältin, Bright Law AG, Zug

    Bis Ende April wurden ca. 42'000 Flüchtlinge in der Schweiz verzeichnet, 38'000 davon haben den Schutzstatus S erhalten. Im Kanton Zug halten sich aktuell über 670 Personen auf, davon 140 schulpflichtige Kinder und Jugendliche.

    Der Schutzstatus S ist seit der Revision des Asylgesetzes im Jahr 1998 für Personen vorgesehen, die zu Schutzbedürftigen ernannt wurden und so lange eine Aufenthaltsbewilligung erhalten, bis der Schutzbedarf entfällt. Im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine wurde der Schutzstatus S das erste Mal vom Bundesrat aktiviert. Ursprünglich eingeführt wurde der Artikel im Zuge des Balkankriegs, bei dem die grossen Flüchtlingsströme die Behörden in der Schweiz an den Anschlag brachten. Der Schutzstatus S ermöglicht schnelles Handeln, ohne dass das Asylwesen in der Schweiz überlastet wird. Der Ausweis ist auf höchstens ein Jahr befristet und verlängerbar. Nach frühestens fünf Jahren erhalten die Schutzbedürftigen eine Aufenthaltsbewilligung B, die bis zur Aufhebung des vorübergehenden Schutzes befristet ist. Der Status gewährt den betroffenen Personen ein Aufenthaltsrecht, sie können Familienangehörige nachziehen und haben Anspruch auf Unterbringung, Unterstützung und medizinische Versorgung. Schulpflichtige Kinder können die Schule besuchen.

    Arbeiten mit Schutzstatus S

    Der Schutzstatus S ermöglicht es, ohne Wartefrist eine bewilligungspflichtige selbstständige oder unselbstständige Erwerbstätigkeit auszuüben. Obwohl der Bundesrat davon ausgeht, dass viele Geflüchtete so bald wie möglich wieder in ihr Land zurückreisen werden, begründet er die Möglichkeit der sofortigen Arbeitsaufnahme damit, dass diese am sozialen und beruflichen Leben teilhaben können sollen, um einen strukturierten Alltag und finanzielle Unabhängigkeit zu erlangen sowie ihre beruflichen Qualifikationen nicht zu verlieren.

    Arbeitgebende müssen beim Kanton eine Arbeitsbewilligung einholen (im Kanton Zug beim Amt für Wirtschaft und Arbeit, Formular S3), es sind die orts- und branchenüblichen Arbeits- und Lohnbedingungen einzuhalten. Bis dato wurden im Kanton Zug erst drei solcher Bewilligungen beantragt, in Zürich ca. 100. Der Kanton Zug gibt an, dass er ca. zwei bis drei Tage für den Bewilligungsschritt benötigt.

    Das Regionale Arbeitsvermittlungszentrum (RAV) unterstützt bei der Stellenvermittlung. Eine Anmeldung ist möglich, sobald der Schutzstatus S erteilt wurde. Firmen, die gezielt Ukrainer:innen einstellen möchten, können dies bei einer Stellenausschreibung entsprechend vermerken. Mehr Infos dazu finden Sie hier: Arbeitsintegration für Flüchtlinge aus der Ukraine mit S-Status

    Referat RA Lilith Ritzmann, Brigt Law AG, Ukrainer:innen anstellen – das gilt es zu beachten

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    Clash of cultures? Was die neuen Arbeitskräfte mitbringen, und wo Personalverantwortliche gefordert sind

    Matthias Mölleney, Unternehmensberater, Dozent und ehemaliger Personalchef Swissair

    Das Ukraine HR Forum Switzerland wurde von der Zürcher Gesellschaft für Personal-Management und weiteren Personalorganisationen gegründet. Das Forum dient als virtuelle Austauschplattform und beschäftigt sich mit rechtlichen Fragen und weiteren bedeutenden Themen wie der Integration von Jugendlichen, die sich in Ausbildung befinden. Hier stellt sich die Frage, ob diese Jugendlichen ihre Ausbildungen weiterführen können oder neu beginnen müssen. Bei Kindern im schulpflichtigen Alter waren die ersten Rückmeldungen durchaus positiv, hier ist die Integration einfacher und die Sprachbarriere weniger hoch.

    Die ersten in der Schweiz angekommenen Flüchtlinge waren unter Umständen selber noch nicht unmittelbar von den Kampfhandlungen betroffen und haben oftmals eine direkte oder indirekte Beziehung zur Schweiz. Diese Personen sind gut vernetzt, organisiert und helfen sich untereinander. Bei stark traumatisierten Geflüchteten, die direkt aus den Kriegsgebieten kommen, ist eine berufliche Anstellung primär kein Thema. Diese müssen zuerst psychisch und physisch in der Lage sein, ihr Leben wieder zu organisieren.

    Chance gegen den Fachkräftemangel?

    Es wird grundsätzlich davon ausgegangen, dass Personen mit dem Schutzstatus S wieder in ihre Heimat zurückkehren, es wird aber sicherlich einige geben, der hier bleiben wollen und können. Personalverantwortliche sehen das auch als Chance, um gegen den Fachkräftemangel vorgehen zu können. Viele Jobvermittlungsplattformen haben bereits Seiten erstellt, die gezielt Ukrainer:innen ansprechen; hier ist viel Bewegung auf dem Markt spürbar. Arbeitgeber sind jedoch zurückhaltend, da sie verständlicherweise davon ausgehen wollen, dass diese Personen auch hier bleiben können und wollen, nachdem sie eingearbeitet wurden. Rechtliche Fragen zu Sozialleistungen wie AHV etc. sind noch nicht alle geklärt.

    Tendenziell kann davon ausgegangen werden, dass die Geflüchteten länger in der Schweiz bleiben, da sie in die Anreise sowie die gesellschaftliche und sprachliche Integration viel investiert haben. Schliesslich hängt es aber davon ab, wie der Krieg weitergeht.

    Auf der Website des Ukraine HR Forum kann man sich über die weiteren Entwicklungen informieren und zahlreiche Informationen und Dokumente herunterladen.

    Referat Matthias Mölleney, Ukraine HR Forum Switzerland, Jobplattformen für Ukrainer:innen

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    In einer ausführlichen Fragerunde standen die zwei Experten im Anschluss an die Referate den ZUGWEST Mitgliedern Red und Antwort.

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